Beim virtuellen Austausch der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD (Jusos) Siegen-Wittgenstein und dem Forschungskolleg (FoKoS) der Universität Siegen diskutierten junge Sozialdemokraten mit Wissenschaftlern über Digitalisierungsmöglichkeiten für Wirtschaft und Gesellschaft in der Region und im Gesundheitsbereich. Die durch Covid-19 erzeugten positiven Effekte auf die Digitalisierung sollten genutzt werden, um wissenschaftliche Projekte durch das heimische Forschungskolleg voranzubringen und in die Region zu transferieren, so die Jusos.
„Ich bin froh, dass wir ein Forschungsinstitut wie das FoKoS in der Region haben“, sagt Kevin Musielak, Vorsitzender der Jusos im Kreis Siegen-Wittgenstein, bei dem gemeinsamen Gespräch, nachdem der Direktor des Kollegs, Prof. Dr. Dr. Björn Niehaves, die Bedeutung des Wissenstransfers für den Austausch mit der Region hervorgehoben hatte. Demnach sei es besonders wichtig, dass die gewonnenen Erkenntnisse aus Forschung und Entwicklung nicht nur in wissenschaftlichen Fachkreisen veröffentlicht und diskutiert werden, sondern offen kommuniziert werden und die gesamte Gesellschaft erreichen. Man sei allerdings auch offen für Anregungen aus der Region für wissenschaftsbasierte Projekte. Daraus gewonnene Erkenntnisse kämen der Region über Translationsprozesse unmittelbar wieder zu Gute.
„Man will gemeinsam ein Modell entwickeln, das akzeptiert wird und ethisch vertretbar ist.“
Dr. Olaf Gaus, Geschäftsführer des FoKoS, stellt das Konzept der „Digitalen Modellregion Gesundheit Dreiländereck“ (DMGD) vor, welches vom FoKoS, der Lebenswissenschaftlichen Fakultät (LWF) der Universität Siegen und Kommunen, niedergelassenen Medizinern, Krankenkassen, der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) und medizinnahen Unternehmen getragen wird. „Man will der Region kein Modell aufzwingen, das nur technisch effizient wird, sondern das Ziel besteht darin, gemeinsam ein Modell zu entwickeln, das akzeptiert wird und ethisch vertretbar ist“, erklärt der Geschäftsführer. Das gesamte DMGD-Vorhaben zielt darauf ab, die gesundheitliche Versorgung im ländlichen Raum zu sichern und zugleich zu verbessern.
Durch den Aufbau einer Datenmedizin sollen die immer weniger werdenden Landarztpraxen entlastet werden. Aus zwölf einzelnen Projekten, die zunächst durch Studien vorbereitet werden, sollen im Nachgang Entwicklungsprojekte zu Themen entstehen wie etwa einer sensoralen Gesundheitsdatenerfassung, -transfer und -auswertung, dem Aufbau eines Helfernetzwerks, der Optimierung von Kommunikationswegen im Gesundheitssystem sowie einem Vitaldatenmonitoring zur Prophylaxe und einer telemedizinisch gestützten Patientenstromlenkung als Option zur weiteren Optimierung des ärztlichen Praxismanagements. Das Augenmerk der Digitalen Modellregion liegt auf einer Datenmedizin, die in erster Linie den Patienten dienen soll. Dazu gehört auch, dass sichergestellt sein muss, dass die durch den Patienten selbst erhobenen Daten auch von ihm selbst kontrolliert werden, andererseits aber datenschutzkompatible Verfahren zur Anwendung kommen, die einen Missbrauch durch unbefugte Dritte ausschließen.
Um dieses Ziel zu erreichen wird auch eine fehlerfreie und sichere Mobilfunkübertragung eine zentrale Rolle spielen. Für eine praxisnahe technische Umsetzung dieses Konzeptes sind das FoKoS und die LWF mit namenhaften Unternehmen im Gespräch, wie etwa dem IT-Dienstleister Materna Information & Communications SE, der German Edge Cloud GmbH und der RED Medical Systems GmbH. „Hier wird sehr viel Kompetenz durch Praxisnähe erzeugt“ lobte Pascal Auer, Mitglied der Jusos, das Konzept.
Digitalisierungsschub durch Covid-19
Beim Stichwort Corona berichtete Björn Niehaves über das regionale Engagement des Forschungskollegs zur vielfältigen Unterstützung kommunaler und regionaler Daseinsvorsorge mit Mitteln der Digitalisierung. Die bereits in 2017 gegründeten „Gemeinsame Initiative Digitalisierung“ (GID) veröffentlichte kürzlich eine kreisweite Digitalisierungsstrategie, die gemeinsam mit allen Kommunen Siegen-Wittgensteins erarbeitet wurde.
„Wir werden derzeit intensiv zur Nutzung digitaler Kommunikation angehalten und erleben einen Digitalisierungsschub durch Covid-19“, berichtet Björn Niehaves. „Das bietet Impulse für die Virtualisierung, die sichtbar werden durch die Möglichkeiten, niedrigschwellig zu kommunizieren, indem man in virtuellen Umgebungen keine räumlichen und formalen Distanz-Barrieren zu überbrücken hat.“ Die Beteiligung an Besprechungen sei nun höher und auch überregional einfacher möglich, so Niehaves weiter. Überdies habe der Digitalisierungsschub auch betriebswirtschaftliche Implikationen, etwa im Personalbereich. Qualifizierte Mitarbeiter ließen sich, so Niehaves, durch ein Homeoffice-Angebot leichter gewinnen.
Die Jusos möchten den Kontakt zum Forschungskolleg aufrechterhalten und streben zukünftig einen engen Austausch an, denn die Möglichkeiten der Digitalisierung sollen kommuniziert und noch vielfältiger nutzbar gemacht werden. „Neue Vorhaben müssen zeitnah realisiert werden, um innovativ zu bleiben“, lautet das Fazit von Pascal Auer.