Hausärzteverband Westfalen-Lippe e. V. begrüßt Innovationsfonds-Vorhaben „DM2go“

Austausch zum geplanten Projekt "DM2go" per Videokonferenz.

Jüngst trafen sich die Konsortialpartner des aktuellen Innovationsfonds-Vorhabens „DM2go – Digitale Medizin als Disease Management 2go“, das sich derzeit in der zweiten Antragsstufe befindet, mit Vertreter*innen des Hausärzteverbands Westfalen-Lippe e. V. im Rahmen einer Videokonferenz. Sowohl die detaillierte Vorstellung des geplanten Projekts als auch ein fachlicher Austausch standen auf der Agenda. Mit DM2go wird angestrebt, Disease-Management-Programme (DMP) digital zu überarbeiten.

Die Vertreter*innen des Hausärzteverbands stellten zunächst heraus, dass sie die Digitalisierung im Gesundheitswesen grundsätzlich befürworten, jedoch mit der bisherigen Umsetzung unzufrieden sind. Derzeit würde die Digitalisierung für die Mediziner*innen mehr Arbeitsaufwand bedeuten und häufig noch wenig nutzen, erklärte der Vorsitzende des Verbands Lars Rettstadt, der in Dortmund auch eine Hausarztpraxis betreibt. Dr. med. Jens Grothues, stellvertretender Vorsitzender des Hausärzteverbands und Facharzt für Allgemeinmedizin in Beverungen, stimmte zu, betonte aber, wie wichtig digitale Tools seien – insbesondere vor dem Hintergrund der zu erwartenden zukünftigen Probleme, die medizinische Versorgung aufgrund des Mangels an Ärzt*innen flächendeckend aufrechterhalten zu können. „Gerade auf dem Land ist die Digitalisierung dringend nötig“, ergänzte Dr. med. Katja Köhler, Schriftführerin des Hausärzteverbands und niedergelassene Hausärztin im Sauerland.

Dr. Olaf Gaus, geschäftsführender Leiter der Digitalen Modellregion Gesundheit Dreiländereck (DMGD), schilderte im Anschluss das Projektvorhaben „DM2go“, dessen Leitung bzw. Konsortialführung Univ.-Prof. Dr. med. Martin Mücke vom Institut für Digitale Allgemeinmedizin der Uniklinik RWTH Aachen innehat: Die DMP für Diabetes mellitus Typ 2, koronare Herzkrankheit und chronisch obstruktive Lungenerkrankung sollen im Rahmen des Projekts digital überarbeitet werden. Ein Health Monitoring System wird die Vitalwerte der Patient*innen erfassen und diese an das sogenannte Disease Monitoring Center übermitteln, das an der Campus Praxis der Universitätsklinik Aachen entstehen wird. Das Ziel von „DM2go“ besteht darin, durch Patient*innenreports die DMP-Dokumentation für Hausärzt*innen zu erleichtern und das Selbstmanagement der Betroffenen (Selfcare) zu fördern. Auch wird die Verbesserung der Gesundheitsversorgung für Patient*innen mit chronischen Erkrankungen sowie die Optimierung der Zusammenarbeit zwischen Patient*innen, Ärzt*innen und Krankenkassen angestrebt.

Florian Meißner, CEO der vital.services GmbH, dem technischen Konsortialpartner im DM2go-Vorhaben, erläuterte, dass bereits positive Erfahrungen mit Innovationsfonds-Projekten auch mit anderen Kooperationspartnern und Kliniken gemacht wurden. Er habe die Firma vor 15 Jahren gegründet, um die intersektorale Versorgung digitalisieren zu können. „Unsere Plattform ist für das Versorgungsmanagement gedacht und komplett darauf ausgerichtet“, so Meißner. Das Ziel bestehe u. a. darin, „den Datenaustausch über die Telematikinfrastruktur herstellen zu können, sodass jedes System anschlussfähig ist.“

Dr. Grothues merkte an, dass er sich durch das Projekt neue Ansätze für die „generell veralteten DMP-Programme“ erhoffe. „DMP-Programme haben sich in den letzten 20 Jahren nicht gerade fortschrittlich entwickelt“, so Grothues. Zudem sei er an einem Benchmarking interessiert, in dessen Rahmen auch der Vergleich zwischen ihm und seinen Kolleg*innen hinsichtlich der Umsetzung integriert sein sollte. Es sei zu begrüßen, am Ende der Arbeit einen Report zu bekommen, der die Versorgungsqualität darstellt, um auf Basis dieser Daten Patient*innen noch besser behandeln zu können. Auch würde sich die Umsetzung für ihn erst ab einer bestimmten Kohortengröße von Patient*innen lohnen. Dr. Olaf Gaus ergänzte hierzu: „Wir haben in der Vergleichsstudie eine Interventionsgruppe und eine Kontrollgruppe und möchten bis zu 1000 Patient*innen einschreiben – pro Gruppe jeweils 500.“

Zur Vitaldatenmessung erläuterte Dr. Olaf Gaus, dass die Messwerte und -intervalle von den behandelnden Ärzt*innen für die jeweiligen Patient*innen individuell festgelegt werden. Die gemessenen Werte werden zunächst auf die Plattform der vital.services.GmbH übermittelt. Die Aufarbeitung erfolgt verschlüsselt, der Klarname der Patient*innen ist nur für die behandelnden Mediziner*innen sichtbar.

Lars Rettstadt betonte, dass der Kontakt zwischen Ärzt*innen und Patient*innen durch die überarbeiteten DMP-Programme keinesfalls wegfällt. Für ihn ist der Gesamteindruck von großer Bedeutung: „Das Wichtigste sind nicht zwingend immer die Werte, sondern der Arzt-Patienten-Kontakt und das, was an Motivation stattfindet“, so Rettstadt. Es gehe darum, die Patient*innen zu motivieren und mehr Details zum Zustand zu erfahren, der nicht allein über die Vitalwerte ablesbar sei.

Jean Tori Pantel, Ärztin in Weiterbildung am Institut für Digitale Allgemeinmedizin der Uniklinik RWTH Aachen, sieht in dem DM2go-Vorhaben „die Chance, die DMPs zu verändern“. Sie wies die Anwesenden darauf hin, dass aktuell noch Ideen eingebracht werden können, da der Vollantrag (zweite Antragsstufe) noch nicht gestellt wurde. Dr. Grothues schlug vor, zu gegebener Zeit hausärztliche Praxen aus dem Einzugsbereich Westfalen-Lippe anzusprechen, bei denen er sich vorstellen könnte, dass sie für das Projekt geeignet sind.

Auch Lars Rettstadt zeigte sich gegenüber der Digitalisierung und dem Projektvorhaben „DM2go“ grundsätzlich offen. Hinsichtlich des zu erwartenden Zeitaufwands für die beteiligten Mediziner*innen erhofft er sich noch detailliertere Informationen zu den Abläufen. Dr. Grothues äußerte ebenso, dass die Zeitfaktoren sehr genau bedacht werden müssten. „Wenn man KI-gesteuert Warnsignale bekommt, wenn der Patient sich zu Hause verschlechtert, bevor wir es merken, dann macht das meiner Meinung nach Sinn“, so Grothues. Besonders relevant sei für ihn, einen beispielhaften Report zu sehen, um entscheiden zu können, ob ein Mehrwert zu seiner bisherigen Betreuung von DMP-Patient*innen erkennbar ist.

Zum Ende des Austauschs wurde ein weiteres Treffen vereinbart, um die Plattform detailliert vorzustellen. Auch soll spezifischer Input für die drei DMPs gegeben werden. Dr. Olaf Gaus sagte zu, einen beispielhaften Report zugänglich zu machen. Zudem könne auch eine Demo zur Plattform gezeigt werden. „Ich würde mich freuen, wenn wir zusammenkommen, um auszuprobieren, ob wir in einer Digitalisierung, die wir selbst mitgestalten können, tatsächlich einen Schritt weiterkommen“, so Dr. Olaf Gaus.

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