Im Rahmen des Projekts „Meine Gesundheit – Digital.Nah.Neuwied“ präsentierten Dr. Olaf Gaus, geschäftsführender Leiter der „Digitalen Modellregion Gesundheit Dreiländereck“ (DMGD), und Celine Schumann, Projektmitarbeiterin der DMGD, die Ergebnisse der zwischen Juli und November 2022 erfolgten wissenschaftlichen Bedarfsanalyse der interessierten Öffentlichkeit. Die Veranstaltung fand am 29. März im Kultur- und Jugendzentrum in Oberhonnefeld-Gierend statt und endete mit einer Podiumsdiskussion, bei der Expertinnen und Experten über die zukünftige Gesundheitsversorgung im Landkreis Neuwied sprachen.
Landrat Achim Hallerbach eröffnete die Veranstaltung. „Die Situation der ärztlichen Versorgung ist jetzt schon in manchen Regionen – auch bei uns im Kreis – angespannt“, erklärt er. Er spricht von vielfältigen Herausforderungen, da vor allem in den nächsten Jahren etliche Mediziner*innen in den Ruhestand gehen, deren Nachfolge nicht geregelt sei. „Wir müssen uns auf den Weg machen, mit allen Akteuren gemeinsam Lösungen zu entwickeln“, sagt Achim Hallerbach und beschreibt in diesem Zusammenhang die Digitalisierung als elementaren Bereich.
Stand des Projekts
Projektkoordinator Johannes Wirtz stellt den aktuellen Stand des Projekts „Meine Gesundheit – Digital.Nah.Neuwied“ vor, in dessen Rahmen eine regionale Online-Plattform für gesundheitliche Themen implementiert werden soll, auf der sich die Bürger*innen informieren und austauschen können. Die Plattform soll als erste Anlaufstelle bei gesundheitlichen Fragen dienen, aber auch den intersektoralen Austausch, beispielsweise zwischen Mediziner*innen und Pflegeeinrichtungen, ermöglichen. Sie bildet den Grundbaustein für weitere digitale Versorgungskonzepte.
Bedarfsanalyse durch die DMGD
Dr. Olaf Gaus stellt die DMGD und einige ihrer Projekte vor. „Wenn Präsenzpraxen vor Ort in verringerter Anzahl bestehen bleiben, müssen diese sich durch weitere Ärztinnen und Ärzte, die nicht vor Ort arbeiten, auf telemedizinischem Wege unterstützen lassen“, so Dr. Olaf Gaus. Auch die Datenmedizin spiele hier eine große Rolle. Celine Schumann präsentiert die Ergebnisse der erfolgten Bedarfsanalyse, die im Februar bereits dem Zukunftsausschuss des Landkreises Neuwied vorgestellt wurden. „Die Ist-Situation ist geprägt von mangelnden Ressourcen sowie einem Fachärztemangel. Die Bürger beklagen lange Wartezeiten.“ So beschreibt Celine Schumann die Einschätzung der 31 befragten Mediziner*innen. „Die Expertinnen und Experten können sich telemedizinische Maßnahmen wie die Videosprechstunde, das Vitaldatenmonitoring, eine Gesundheitsplattform oder auch eine digitale Gesundheitsakte vorstellen und erhoffen sich davon vor allem Zeitersparnis und Arbeitsentlastung.“
In der Überleitung zu den Ergebnissen der Bürger*innenbefragung erklärt Dr. Olaf Gaus, dass aufgrund der zunehmenden Anzahl von multimorbiden Patientinnen und Patienten die Ressourcen in der Versorgung erhöht werden müssen. Er betont, dass es sich bei der Zulassung von Tele- und Datenmedizin um unterstützende Formate handelt, die keineswegs den persönlichen Kontakt im Arzt-Patienten-Gespräch ablösen sollen. Celine Schumann ergänzt, dass aus den Ergebnissen der Befragung hervorgeht, dass die Bürger*innen insbesondere den Online-Rezeptbestellungen und der Online-Terminvergabe positiv gegenüberstehen. Auch wurden Videosprechstunden und die Übermittlung von Vitaldaten von vielen als vorstellbare digitale Maßnahmen genannt. „Bei der Implementierung digitaler Maßnahmen sollte die einfache Handhabung sowie der Schutz persönlicher Daten gewährleistet sein“, erklärt Celine Schumann. Auch die Verständlichkeit der Informationen sei den Bürger*innen sehr wichtig, die Kommunikation sollte daher in einfacher Sprache erfolgen.
Stimmen der Podiumsdiskussion
Martina Thelen, Geschäftsstellenleiterin des Gesundheitsregion KölnBonn e.V., moderiert die Podiumsdiskussion. Sven Lefkowitz, Heimleiter des Generationenzentrums St. Josef Vallendar, berichtet aus dem Pflegesektor und bezeichnet die Pflege im Bereich der Digitalisierung als Nachzügler, da beispielsweise erst drei Viertel der stationären und ambulanten Einrichtungen die digitale Pflegedokumentation nutzen. Seine Mitarbeiter*innen würden es sehr begrüßen, wenn die Telemedizin über ein Modellprojekt hinausgehen und die virtuelle Sprechstunde in den Einrichtungen genutzt werden könnte. Achim Krokowski, Pflegeberater des Pflegestützpunkts Puderbach, begrüßt die Implementierung einer Online-Plattform. Diese solle einfach in der Handhabung sein und themenbezogene Informationen komprimiert für die Nutzer*innen bereithalten. Auch Landrat Achim Hallerbach spricht davon, dass nur die für die Bürger*innen relevanten Informationen zusammengeführt werden sollen, um lange Suchvorgänge in der „sehr diffusen Informationslandschaft“ im Internet zu umgehen. Dr. Hans Georg Faust, Stadtbürgermeister von Linz am Rhein, merkt in seinem Beitrag aus dem Publikum an, dass selbst jungen Mediziner*innen, die telemedizinische Strukturen im Rahmen der Digitalisierung gern nutzen würden, aufgrund des hohen Patientenaufkommens häufig die Zeit für die entsprechende Umorganisation der Praxis fehle. Dort würde Hilfestellung benötigt, um auch als Ausbildungsstätte attraktiv zu bleiben. Dr. Olaf Gaus betont die Notwendigkeit der Verbindung von Tele- und Datenmedizin – nicht zuletzt auch aufgrund der sich verändernden Vorstellungen der jungen Mediziner*innen, die Wert auf die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben legen, Distanz- und Präsenzarbeit kombinieren möchten und zukünftig evtl. sogar eine Vier-Tage-Arbeitswoche anstreben.
Wie es weitergeht
Der nächste Schritt im Projekt „Meine Gesundheit – Digital.Nah.Neuwied“ besteht laut Projektkoordinator Johannes Wirtz darin, die Beteiligungsplattform CONSUL, die über das Modellvorhaben „Smarte.Land.Regionen“ vom Fraunhofer-Institut Kaiserslautern zur Verfügung gestellt wird, gegen Ende des Jahres online zu stellen. Über diese Plattform können erste Ideen eingebracht sowie Diskussionen oder Abstimmungen durchgeführt werden.
Weitere Informationen zum Projekt
Das Projekt „Meine Gesundheit – Digital.Nah.Neuwied“ wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert und bildet einen Teil des bundesweiten Modellvorhabens „Smarte.Land.Regionen“. Unterstützt wird der Landkreis Neuwied bei der Realisierung des Projekts von dem Verein Gesundheitsregion KölnBonn e.V., der das Vorhaben von Beginn an mitbegleitet. Ansprechpartner*innen seitens des Landkreises Neuwied sind Projektmanagerin Franziska Beckmann und Projektkoordinator Johannes Wirtz. Die DMGD wurde vom Landkreis Neuwied mit der Durchführung einer Bedarfsanalyse beauftragt. An der quantitativen und qualitativen Datenerhebung haben maßgeblich Franziska Beckmann und DMGD-Mitarbeiterin Celine Schumann im Rahmen ihrer Masterarbeiten mitgewirkt. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Bedarfsanalyse wurden nun der Öffentlichkeit vorgestellt. Weitere Informationen zur durchgeführten Bedarfsanalyse sind auf der DMGD-Projektseite und auf der Projektseite des Kreises Neuwied verfügbar.