Auf Einladung der Rotarier Olpe-Biggesee wurde am 8. Februar 2022 die Initiative „Digitale Modellregion Gesundheit Dreiländereck“ (DMGD) als Forschungsschwerpunkt der Lebenswissenschaftlichen Fakultät der Universität Siegen vorgestellt. In der anschließenden Diskussionsrunde tauschten die Teilnehmer ihre Perspektiven und Ideen zum Thema Digitale Gesundheit aus.
In seiner Präsentation stellte der geschäftsführende Leiter der DMGD, Dr. Olaf Gaus, die Initiative vor, die auf den Aufbau einer Datenmedizin zur Entlastung der sektorenübergreifenden, interprofessionellen Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum abzielt.
Auf die Vorstellung der DMGD folgte eine angeregte Diskussion über die Potentiale der digitalen Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum. Stefan Schauerte, Präsident des Rotary Club Olpe-Biggesee, begrüßte die Aufgabenstellung einer digitalen gesundheitlichen Versorgung als ein wichtiges und zentrales Zukunftsthema. Der sich abzeichnende Hausärztemangel gerade im ländlichen Raum werde als große Herausforderung empfunden, da sich immer weniger Hausärztinnen und Hausärzte in der Region niederlassen, während gleichzeitig die Zahl der Patientinnen und Patienten wachse, die in den vorhandenen Praxen versorgt werden müssten. Der Einsatz neuer Möglichkeiten digitaler ambulanter Versorgung könne eine wirkungsvolle Unterstützung sein, um die gesundheitliche Versorgung auch in Zukunft sicherzustellen, so Schauerte.
Damit Fortschritte im Bereich Digitale Gesundheit gelingen können, müssen nicht nur die nötigen technologischen Voraussetzungen geschaffen werden. In die wissenschaftlichen Studien der DMGD werden immer auch Ärztinnen und Ärzte, Patientinnen und Patienten und nichtmedizinisches Personal eingebunden – und es ist gerade dieser Austausch mit den beteiligten Akteuren, der dazu beitragen kann, dass von der Digitalisierung im Gesundheitssektor alle profitieren, sagte Olaf Gaus. Für die Gestaltung und Durchführung von Forschungsprojekten gibt der Dialog mit Expertinnen und Experten aus dem Gesundheitsbereich wichtige Impulse. Diesen Befund einer verbesserten Intersektoralität bestätigte PD Dr. med. Frank van Buuren, Chefarzt für Innere Medizin und Kardiologie der Katholischen Hospitalgesellschaft Südwestfalen gGmbH, indem er auf Hürden hinsichtlich des Austausches von Daten aufmerksam machte: „Hier in Olpe höre ich immer wieder von niedergelassenen Kollegen, dass sie auf viele Daten aus dem Krankenhaus nicht zugreifen könnten – insbesondere auf Labordaten, EKG-Daten oder einen Herzultraschallbefund. Da müssen wir, glaube ich, auch ein bisschen mehr zusammenrücken.“
Wie ein solches „Zusammenrücken“ konkret ausgestaltet werden kann, wird aktuell im DMGD-Leuchtturmprojekt „DataHealth“ im Burbacher Hickengrund erforscht. In dem Projekt, an dem zwei Arztpraxen und ein Pflegeheim beteiligt sind, wird eine digital-unterstützte gesundheitliche Versorgung durch Datenmobilität in die Anwendung gebracht. Im Rahmen der Studie wird auch ermittelt, inwieweit die digitale Unterstützung sich einerseits als Entlastung für die Ärztinnen und Ärzte niederschlägt und andererseits den Patientinnen und Patienten Möglichkeiten einer verbesserten Gesundheitsautonomie eröffnet.
Aus dem Datenmonitoring der Patientinnen und Patienten ergibt sich ein hohes Datenaufkommen, das medizinisch durch die Ärzteschaft ausgewertet werden muss. Dafür bedarf es einer Hilfestellung, die auf Seiten des Forschungsschwerpunktes DMGD in der Entwicklung und Etablierung einer Künstlichen Intelligenz gesehen wird. Damit wurde in der Diskussion deutlich, wie sich eine Datenmedizin zukünftig in ambulante Versorgungsprozesse integrieren kann und muss. Daraus folgt auch eine Erweiterung der Ausbildung zukünftiger Medizinerinnen und Mediziner, wie es die Bundesvertretung der Medizinstudierenden fordert. Am Ende des Abends wurde deutlich, dass eine Digitalisierung im Gesundheitswesen zwar geboten ist, die soziale Komponente bezüglich der Interaktion von Menschen untereinander jedoch nicht in den Hintergrund geraten darf: „Medizin hat immer auch etwas mit menschlicher Zuwendung zu tun“, sagte Stefan Schauerte und ergänzte: „Gerade in ländlichen Regionen ist es deshalb unheimlich wichtig, am Ball zu bleiben – und auch hier ist der ärztliche Nachwuchs gefragt. Wir müssen mit vereinten Kräften an diesem Thema arbeiten. Hierfür hat der heutige Austausch viel Inspiration und Anregung gegeben.“