Am 14. Juli fand die Abschlussveranstaltung des Planspiels „MedTech Start-up“ statt. Vier studentische Teams haben im Laufe des Sommersemesters Ideen für innovative Medizinprodukte für ihre ‚Start-ups‘ gesammelt. Sie haben sich mit den Themen Produktentwicklung, Marktanalyse und Finanzplanung beschäftigt und Businesspläne erstellt. Diese Businesspläne wurden nun im Rahmen von 15-Minuten-Pitchs vor einer Expert*innenjury präsentiert. Neben Prof. Dr. Rainer Brück, Dr. Olaf Gaus und Dr. Thomas Neumann, die das gesamte Planspiel leiteten, bewerteten Dr. Christian Weber, Vertretungsprofessor für Medizinische Informatik, Julia Förster und Thomas Crämer vom Entrepreneurship Center der Universität Siegen sowie Timo Lüders, CTO und Mitbegründer der medocs GmbH, die Konzepte der vier Teams.
Die studentischen Gruppen hatten ihre vor drei Wochen vorgestellten Produktideen auf Basis des erhaltenen Feedbacks überarbeitet und ihre kleinen Businesspläne mit Finanzierungsentwürfen vervollständigt. Nun präsentierten sie ihre finalen Start-up-Konzepte:
Die Gruppe des Start-ups „Smartlet“ stellte ihre Tabletten-App mit zugehöriger SmartStation vor. Die SmartStation ist eine Box, die seitens der Apotheken mit Medikamenten befüllt werden soll. Die Tabletten werden dem jeweiligen Medikationsplan entsprechend über ein Entnahmefach an die Patient*innen ausgegeben. Im Zusammenspiel mit der smarten App bietet das geplante Produkt auch für Angehörige Kontrolle über die korrekte Einnahme der Medikamente und verspricht vor allem Entlastung bei der Pflege im häuslichen Umfeld. Für die Gruppe ist auch eine Studie in Zusammenarbeit mit einem Pflegeheim denkbar.
Das Team „Vita I Care“ präsentierte ‚Vita Wrist‘, ein digitales Armband mit 24h-Vitaldatenerfassung, Sturzbenachrichtigung, Erinnerungsfunktion zur Medikamenteneinnahme, GPS und weiteren Funktionen. Es soll mit einer App, aber auch mit Krankenhausinformationssystemen (KIS) sowie Praxis-Softwares kompatibel sein. Die Gruppe plant den Einsatz von ‚Vita Wrist‘ vor allem für den Bereich der Pflege, um Angehörige und/oder Pflegepersonal zu entlasten.
Das Start-up „Rapid Response“ stellte die Produktidee einer interaktiven App namens ‚HELP‘ vor. Diese App soll Ersthelfer*innen aktive Begleitung bieten, Anleitung für Erste-Hilfe-Maßnahmen per intelligenter Sprachsteuerung bereithalten und eine Hinweisfunktion zu medizinisch relevanten Informationen, z. B. zu Allergien und Vorerkrankungen, umfassen. Die Studierenden haben sich den Werbeslogan „Don’t look away, HELP is on the way“ überlegt und zeigten mithilfe von Statistiken, dass viele Menschen Bedenken haben, zu helfen und daher im Ernstfall Unterstützung benötigen. Um sich von Konkurrenzprodukten abzuheben, möchte die Gruppe mit ihrer App mehrere Features verbinden und eine zuverlässigere Standortübermittlung sowie eine verbesserte Benutzerführung anbieten.
Das Team „FutureMedTech“ präsentierte zwei Produktideen: Ein mobiles Labor namens ‚Redline‘ und die innovative Augenprothese ‚Oculuxe‘. Das Minilabor soll Ärzt*innen ermöglichen, beim Hausbesuch noch vor Ort ein Blutbild der Patient*innen anzufertigen. Die studentische Gruppe hat das Marktpotenzial anhand von Behandlungsfällen bzw. durchgeführten Blutanalysen im Verhältnis zu den verfügbaren Laborkapazitäten in Deutschland detailliert bestimmt. Das zweite Produkt ‚Oculuxe‘ soll die Sehfähigkeit wiederherstellen bzw. verbessern. Das theoretische Konzept wurde bereits ausgearbeitet, die Entwicklung der Schnittstelle zwischen Sehnerv und Mikrochip steht jedoch noch aus. Sollte die Entwicklung gelingen, würde „ein neues Feld der Bionik“ erschlossen werden, so die Studierenden. Das Team hat bereits eine eigene Website erstellt und hielt für die Jury eine Produktmappe mit den wichtigsten Informationen bereit.
Abschluss-Statements und Feedback
Nach jedem Pitch erhielten die studentischen Start-up-Gruppen individuelles und konstruktives Feedback von der Fachjury. Insgesamt fiel das Urteil positiv aus: „Markt, Zielgruppe und Unique Selling Point müssen klar definiert sein, damit Geschäftsmodelle funktionieren – das ist hier schon weit ausgearbeitet“, sagte Julia Förster und bedankte sich bei den Studierenden für ihre spannenden Ideen. Auch Thomas Crämer sprach von professionellen Vorträgen und „im Grundsatz schon richtig guten Konzepten“. Er gab den studentischen Teams mit: „Seien Sie überzeugt von Ihrer Idee – Sie müssen dafür brennen!“ Beide luden die Gruppen, die ihre Produktideen weiterverfolgen möchten, dazu ein, beim Entrepreneurship Center der Universität Siegen vorbeizukommen und sich beraten zu lassen. Auch Timo Lüders stellte sich für einen weiteren fachlichen Austausch zur Verfügung. „Unter Gründern hilft man sich gerne – von diesen Erfahrungen profitiert man am meisten“, so der CTO und Mitbegründer der medocs GmbH. Er ergänzte: „Als Gründer weiß ich, wie hart diese Branche ist – wegen der ganzen Regulatorik.“
Prof. Dr. Rainer Brück lobte den Einsatz der Studierenden: „Sie haben großartige Arbeit geleistet in den letzten sechs Wochen – das kann sich wirklich sehen lassen.“ Dr. Christian Weber sah vor allem Verbesserungen in den Vorträgen seit den letzten Präsentationen. „Die Kritik wurde beherzigt und es wurde an einigen Stellen nachgebessert“. Es freute ihn zu sehen, dass Inhalte aus Seminaren angewendet wurden. Schließlich regte Dr. Olaf Gaus zur gemeinsamen Reflexion an. Eine Studentin berichtete: „Es war zwar viel Arbeit, hat aber auch wertvolle Erfahrungen gebracht.“ Sie sieht das Planspiel als guten Weg, um berufliche Perspektiven für die Zeit nach dem Studienabschluss aufgezeigt zu bekommen.
Das Planspiel „MedTech Start-up“ fand bereits zum zweiten Mal statt. Welche innovativen Produktideen die Studierenden in der ersten Auflage dieses Veranstaltungsformats im letzten Sommersemester entwickelt haben und wie das damalige Urteil der Fachjury ausfiel, können Sie hier nachlesen.